Bei sog. Fernabsatzgeschäften besteht ein Widerrufsrecht. Gilt dies auch für schriftlich erteilte Zustimmungen des Mieters einer Wohnung zu einer Mieterhöhung?
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Mieter einer Wohnung und hatte schriftlich einer Mieterhöhung der Netto-Kaltmiete von rd. 810 € auf rd. 930 € zugestimmt, jedoch kurz darauf den Widerruf seiner Zustimmung erklärt. Er machte geltend, dass ein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht des Mieters als Verbraucher bestehe. Gestritten wurde darum, ob ein im Fernabsatz geschlossenen Verbrauchervertrag (§ 312c Abs. 1 BGB) vorliegt
bzw. die Vereinbarung "im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems" (§ 312c Abs. 1 Halbs. 2 BGB) getroffen worden ist.
Die Entscheidung:
Der Bundesgerichtshof stellt fest, dass die gem. § 558b Abs. 1 BGB erklärte Zustimmung des Mieters zu einem Mieterhöhungsverlangen des Vermieters nach § 558 Abs.1, § 558a Abs.1 BGB nicht vom Anwendungsbereich des Verbraucherwiderrufs bei Fernabsatzverträgen erfasst ist. Dem Mieter steht somit ein Widerrufsrecht nicht zu.
Denn mit dem in § 312 Abs.4 S.1 BGB vorgesehenen Widerrufsrecht des Mieters einer Wohnung soll Fehlentscheidungen aufgrund der Gefahr psychischen Drucks sowie dem typischerweise bestehenden Informationsdefizit des Mieters begegnet werden. Bei Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete ist der Mieter jedoch bereits durch die in den §§ 558 ff. BGB vorgesehenen Bestimmungen geschützt. Gem. § 558a Abs.1 BGB ist das Mieterhöhungsverlangen vom Vermieter zu begründen. Dadurch kann der Mieter die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens überprüfen und ohne ein Informationsdefizit und außerhalb einer etwaigen Drucksituation sich entscheiden.
Da der Vermieter frühestens nach Ablauf des zweiten Kalendermonats nach Zugang des Mieterhöhungsverlangens auf Erteilung der Zustimmung klagen kann (§ 558b Abs.2 BGB), hat der Mieter auch eine angemessene Überlegungsfrist um zu entscheiden, ob und ggf. inwieweit er der Mieterhöhung zustimmt.
Somit ist bereits durch die Bestimmungen der §§ 558 ff. BGB sichergestellt, dass der Sinn und Zweck der verbraucherschützenden Regelungen für Vertragsabschlüsse im Fernabsatz erfüllt ist.
Der BGH verweist aber auch auf seine fortgeltende Rechtsprechung zum bestehenden Widerrufsrecht des Mieters bei außerhalb von Geschäftsräumen (d.h. in einer Haustürsituation) geschlossenen Verbraucherverträgen zwischen Vermieter Mieter (BGH 17.5.2017, VIII ZR 29/16)!
(BGH 17.5.2017, VIII ZR 29/16)
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