DER FACHANWALT AM MARKT
Armin Bendlin
Der Versorgungsausgleich
Der Versorgungsausgleich ist seit 1.9.2009 im Gesetz über die Durchführung des Versorgungsausgleichs (VersAusglG) geregelt und wird bei der Scheidung ohne Antrag einer Seite von Amts wegen vom Familiengericht durchgeführt. Der dabei stattfindende Ausgleich betrifft alle während der Ehezeit von den Eheleuten erworbenen Anwartschaften auf eine Versorgung wegen Alters und verminderter Erwerbsfähigkeit. Intention ist, dass alle während der Ehe von den Ehepartnern in jeweils unterschiedlicher Höhe erworbenen Rentenanwartschaften gleichmäßig aufgeteilt. werden.
Folgende Fragen sollen hier beantwortet werden:
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Was wird im Versorgungsausgleich geteilt?
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Findet der Versorgungsausgleich immer statt?
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Wer regelt den Versorgungsausgleich?
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Was bedeutet die Halbteilung von Rentenanrechten?
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Was bedeutet die interne Teilung von Rentenanrechten?
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Was bedeutet die externe Teilung von Rentenanrechten?
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Wo ist eine Vereinbarung zum Versorgungsausgleich gut?
Was wird im Versorgungsausgleich geteilt?
Als Ehezeit gilt dabei die Zeit vom Beginn des Monats, in den die standesamtliche Eheschließung fiel, bis zum Ende des Monats, auf den die Zustellung des Scheidungsantrags folgt. Davor bzw. danach erworbene Renten müssen also nicht geteilt werden.
Im Versorgungsausgleich werden alle Rentenanwartschaften berücksichtigt, die durch Arbeit oder Vermögen geschaffen oder aufrechterhalten worden sind und der Absicherung im Alter und bei Invalidität dienen und auf eine Rentenleistung gerichtet sind, wie:
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gesetzliche Renten
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Beamtenversorgungen
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betriebliche Altersversorgungen und Direktversicherungen (auch Kapitalleistungen)
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Zusatzversorgungen des öffentlichen Dienstes,
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berufsständische Versorgungen (beispielsweise Ärzte-, Apotheker-, Architekten-, Rechtsanwaltsversorgungen),
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private Renten- und auf Rentenleistungen gerichtete Lebensversicherungen.
Grundsätzlich werden auch im Ausland bestehende Anwartschaften auf Versorgungen erfasst.
Findet der Versorgungsausgleich immer statt?
Allerdings findet bei einer Ehezeit von bis zu 3 Jahren ein Versorgungsausgleich nur statt, wenn ein Ehegatte ihn beantragt (§ 3 VersAusglG).
Nach § 18 VersAusglG soll das Familiengericht beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz der Ausgleichswerte gering ist. Auch einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert soll das Familiengericht nicht ausgleichen. Das Familiengericht hat hierbei jedoch einen Ermessensspielraum und kann auch anders entscheiden.
Wer regelt den Versorgungsausgleich?
Der Versorgungsausgleich wird vom Scheidungsgericht von Amts wegen immer und auch ohne Antrag im Scheidungsverfahren geprüft.
Verfahrensbeteiligte im Versorgungsausgleichsverfahren sind neben den Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartnern immer auch die Versorgungsträger, bei denen ein auszugleichendes Anrecht besteht, und diejenigen Versorgungsträger, bei denen ein Anrecht begründet werden soll.
Die Beteiligten treffen Mitwirkungs- und Auskunftspflichten (§ 4 VersAusglG), die auch zwangsweise durchgesetzt werden können (z. B. durch Ordnungsgeld).
Denn erst durch die Auskunftserteilung der Eheleute bzw. Lebenspartner untereinander bzw. der Versorgungsträger können vom Gericht erst in der Ehezeit erworbene und zu teilende Versorgungsanrechte und deren Höhe erkannt, geprüft und beurteilt werden.
Der rechtskräftige Beschluss über den Versorgungsausgleich muss dann vom betroffenen Versorgungsträger im Versorgungssystem umgesetzt werden. Die Kürzung des Anrechts des Ausgleichspflichtigen und die Begründung eines entsprechenden neuen Anrechts für den Ausgleichsberechtigten im Versorgungssystem wird also vom Familiengericht in seinem Beschluss vorgegeben.
Was bedeutet die Halbteilung von Rentenanrechten?
Ausgeglichen wird im Rahmen der Halbteilung bei jedem Ehegatten grundsätzlich jeweils die Hälfte jedes in der Ehezeit erworbenen Rentenanrechts. Jeder Ehepartner erhält also von allen auf die Ehezeit entfallenden Renten (sog. Ausgleichswert, Ehezeitanteil) des anderen jeweils die Hälfte übertragen. Da in der Regel immer beide Ehepartner Rentenansprüche während der Ehe erworben haben, sind beide jeweils ausgleichspflichtige Person und auch Ausgleichsberechtigte.
Was bedeutet die interne Teilung von Rentenanrechten?
Das VersAusglG ordnet als Regelfall die interne Teilung der erworbenen Rentenansprüche zwischen den Ehegatten bzw. Lebenspartnern an. Dabei wird intern im jeweiligen betroffenen Versorgungssystem der Rentenanspruch geteilt. Der Ausgleichsberechtigte erhält beim selben Rententräger des Ausgleichsverpflichteten ein eigenes Konto über den Ausgleichswert eingerichtet. Aus diesem wird er im Rentenfall einen eigenständigen Rentenanspruch haben.
Im Rahmen der internen Teilung kann der Versorgungsträger für seinen Aufwand anlässlich der Teilung und Begründung des neuen Anrechts und dadurch entstehende zusätzliche Verwaltungskosten angemessene Teilungskosten (meist ca. 2 bis 3 % des Deckungskapitals oder 200–500 € pro Anrecht) geltend machen. Diese werden mit den Anrechten beider Ehegatten hälftig verrechnet. Das Familiengericht und Ihr Scheidungsanwalt prüft die Angemessenheit der Kosten.
Was bedeutet die externe Teilung von Anrechten?
Bei der externen Teilung wird nach der Teilung eines Anrechts für den Ausgleichsberechtigten bei einem anderen Versorgungsträger ein Versorgungsanspruch begründet. Dies ist grundsätzlich dann durchzuführen,
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wenn die ausgleichsberechtigte Person und der Versorgungsträger eine externe Teilung vereinbaren
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oder der Versorgungsträger eine externe Teilung einseitig verlangt und ein gesezlicher Maximalwert des auszugleichenden Anrechts nicht überschritten ist (Ausgleichswerte bis 2 % der Bezugsgröße als monatlicher Rentenwert oder dem 240-Fachen davon als Kapitalwert; bei Unterstützungskasse und Direktzusage Kapitalwert bis zur Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung).
Die ausgleichsberechtigte Person kann dabei die gewünschte Zielversorgung vorgeben, an die der Ausgleichswert überwiesen werden soll. Gibt sie keine Zielversorgung an, erfolgt regelmäßig die externe Teilung durch Begründung eines Anrechts in der Versorgungsausgleichskasse. Die Versorgungsausgleichskasse ist eine Pensionskasse. Ein bei der Kasse bestehendes Anrecht ist nicht übertragbar, beleihbar und nicht veräußerbar. Es darf auch nicht vorzeitig verwertet werden.
Wählt die ausgleichsberechtigte Person eine andere Zielversorgung, muss es sich dabei um eine angemessene Versorgung handeln (§ 15 VersAusglG). Ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung, bei einem Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder einer Direktversicherung oder aus einem Vertrag, der nach § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifiziert ist, erfüllt stets diese Anforderungen. Die gewählte Zielversorgung muss schließlich auch bereit sein den Betrag für die ausgleichsberechtigte Person übernehmen zu wollen.
Bei der externen Teilung ist im Gegensatz zur internen Teilung ein Kostenabzug des Versorgungsträgers nicht zulässig.
Wo ist eine Vereinbarung zum Versorgungsausgleich gut?
Im Gegensatz zum alten Recht gibt es das sogenannte „Rentnerprivileg“ nicht mehr. Dies bedeutet, dass es bei einem ausgleichspflichtigen Rentner unmittelbar mit der Scheidung zu einer dauerhaften Rentenkürzung kommt. Dies kann aber - nur bei der gesetzlichen Rente und Beamtenversorgung - dann und solange ausgesetzt werden, wie der Ausgleichspflichtige an den ausgleichsberechtigten Ehepartner nach der Scheidung Unterhalt zahlt. Diese Aussetzungsmöglichkeit besteht aber nicht bei der betrieblichen Renten und solchen aus der privaten Altersversorgung.
Gleiches gilt im Fall des Versterbens des Ausgleichsberechtigten innerhalb von 3 Jahren auf die Scheidung hin: Bei betrieblichen und privaten Versorgungsanrechten bleibt die Rentenleistung für den Ausgleichsverpflichteten weiterhin gekürzt, während bei den Regelversorgungen die Kürzung zumindest anteilig rückgängig gemacht werden würde.
Problematisch sind auch die Fälle, wo ein Ehepartner gesetzlich rentenversichert ist und der andere über eine Beamtenversorgung verfügt oder beide über Beamtenversorgungen verfügen, die nicht intern ausgeglichen werden können. Um hier ungwünschte Ergebnisse zu vermeiden sind insbesondere Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich sinnvoll.
Der Gesetzgeber lässt den Eheleuten einen weiten Gestaltungsspielraum für den Abschluss von Versorgungsausgleichsvereinbarungen (§ 6 ff. VersAusglG). Solche können schon im Vorfeld des Scheidungsverfahrens von den Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartnern geschlossen werden. Das Familiengericht ist grundsätzlich an die Vereinbarung gebunden, soll aber diese Vereinbarung einer Inhalts- und Ausübungskontrolle unterziehen (z.B. in Hinblick auf eine verbleibende angemessene Altersversorgung).
Durch eine solche Vereinbarung können die Ehegatten
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den Versorgungsausgleich (teilweise) ausschließen
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Ansprüche durch Kapital oder die Übertragung sonstiger Vermögenswerte abfinden
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den Ausgleich dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten.
Solches muss aber um wirksam zu sein gem. § 7 VersAusgG notariell vor der Scheidung beurkundet werden oder erfolgt im Scheidungsverfahren vor dem Familiengericht.
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